14. Februar 2022
Im Verbundprojekt CERTAIN erforscht und entwickelt das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) abhörsichere THz-Übertragungssysteme für das industrielle Internet der Dinge (IoT). Das Projektteam arbeitet daran, erstmals ein abhörsicheres, drahtloses PLS-THz-MIMO-Übertragungskonzept zu entwerfen und anschließend in einen praktischen Demonstrator umzusetzen. Die Forschenden benutzen dafür drei Zukunftstechnologien: Sicherheit auf der physikalischen Schicht (Physical Layer Security, PLS), Terahertz-Übertragungstechnik und Mehrantennenverfahren („multiple-input-multiple-output“, MIMO). Das Projekt ist im Oktober 2020 gestartet und läuft bis September 2023. CERTAIN wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 1,5 Millionen Euro gefördert.
Das IoT wächst beständig und umfasst ein breites Spektrum an Endgeräten − vom ressourcenarmen Sensor in der Fertigung bis zur verteilten Cloud-Infrastruktur. Alle diese Bestandteile müssen in Umgebungen wie Industrie-4.0-Fabrikhallen hochsicher und zuverlässig miteinander kommunizieren. Bisher wird diese Kommunikation über rechenintensive kryptografische Verschlüsselung abgesichert.
Das CERTAIN-Projektteam will dieses rechenintensive Verfahren optimieren. Sie gehen dabei dreigeteilt vor. Als erstes ergänzen sie die herkömmliche kryptografische Verschlüsselung durch das sogenannte Verfahren zur „Sicherheit auf der physikalischen Schicht“ (PLS). PLS beruht im Wesentlichen auf Imperfektionen der physikalischen Übertragungsschicht (z.B. des Funkkanals). Diese physikalischen Gegebenheiten des Funkkanals sind zwischen einem Sender und einem Empfänger einzigartig und können, geschickt eingesetzt, eine ressourcenarme Komponente für die abhörsichere Kommunikation sein.
Die zweite wichtige Komponente ist die Terahertz-Übertragungstechnik. Das THz-Frequenzband hat eine inhärent hohe elektromagnetische Verträglichkeit im industriellen Umfeld bei gleichzeitig deutlich höheren Übertragungsraten. Während der derzeit im IoT verwendete Funkkanal aufgrund seiner Trägerfrequenzen von weit unterhalb 10 GHz nur moderate Übertragungsraten ermöglicht, sind im hochfrequenten THz-Frequenzband Datenraten > 100 Gb/s möglich. Das ermöglicht im Kontext von IoT eine kompressionslose (und damit latenzarme) Übertragung von Monitoring-/Steuerdaten von und zu IoT-Terminals mit geringem Ressourcenbedarf.
Terahertz-Übertragungstechnik ermöglicht es den Forschenden, zusätzlich verbesserte Mehrantennenverfahren (MIMO) einzusetzen. THz-Links zeichnen sich aufgrund ihrer bis zu 100-fach kürzeren Wellenlänge (~ 1 mm) durch hohe Lokalität, hohe Direktivität der Antennen sowie kleinere geometrische Antennenabmessungen bei gleichem Antennengewinn aus. Dies ermöglicht erstmals sehr kompakte Mehrantennen-Arrays für MIMO-Szenarien. Außerdem können die Forschenden spezifische THz-Kanaleigenschaften wie Lokalität und Direktivität gezielt ausnutzen, um eine abhörsichere Vernetzung von räumlich verteilten IoT-Geräten, z.B. innerhalb einer ausgedehnten Fabrikhalle, einzurichten.
Die Gruppe „Optische Untersee- und Kernnetze“ der Abteilung „Photonische Netze und Systeme“ am Fraunhofer HHI bringt ihre Expertise in THz-Übertragungstechnologien in CERTAIN ein. Das Team wird einen echtzeitfähigen, FPGA-basierten THz-MIMO-Demonstrator zur praxisnahen experimentellen Validierung der im Projekt entworfenen Codierungsverfahren entwickeln. Dafür nutzen die Forschenden MIMO und maßgeschneiderte, ressourcenarme Signal-Codierung.
Neben dem Fraunhofer HHI sind die Universität Siegen und die Universität Ulm an dem Projekt beteiligt. Erste Projektergebnisse zur erreichbaren semantischen Sicherheit bei THz-Kommunikation in Innenräumen wurden kürzlich in einer gemeinsamen Publikation der Projektpartner „Semantic Security for Indoor THz-Wireless Communication “ auf dem 17th International Symposium on Wireless Communication Systems (ISWCS) 2021 präsentiert.