2. Juli 2021
Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) hat zusammen mit der Azimut Space GmbH bei einer Ausschreibung der Europäischen Weltraum-organisation (ESA) überzeugt. Die Technologie des Instituts wurde unter zahlreichen Einsendungen ausgewählt, um Materialproben auf die Internationale Raumstation (ISS) zu senden. Die Abteilung „Faseroptische Sensorsysteme“ am Fraunhofer HHI schickt nun drei verschiedene Metallproben auf die ISS, deren Oberflächen mittels Femtosekunden-laserprozessen strukturiert wurden. Durch dieses Verfahren können die strukturierten Oberflächen hoch-effizient Wärme ableiten und so neue Möglichkeiten für die Temperaturregulierung in der Raumfahrt eröffnen. Die Proben wurden im Juni an die ESA geliefert und werden nach ausführlichen Tests im Jahr 2022 auf die ISS geflogen.
Bei der Ausschreibung handelt es sich um ein gemeinsames Projekt der ESA und der französischen Weltraumorganisation CNES. Sie richtet sich an europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die schädliche Auswirkungen des Weltraums auf ihre Materialen testen möchten. Die Proben werden an der neuen ISS-Plattform „Bartolomeo“ angebracht. Bartolomeo ist eine kommerzielle Plattform, die an der Außenseite des Columbus-Moduls der ISS montiert ist. Ziel des Projektes ist es, ein besseres Verständnis darüber zu bekommen, wie verschiedene Materialien außerhalb der Erdatmosphäre altern.
Aufgrund des Vakuums ist im Weltall die Abgabe von Wärme an die Umgebung durch Wärmeleitung nicht möglich. Dies stellt ein Problem für jegliche Art von weltraumtauglicher Elektronik dar, die daher schnell überhitzen kann. Die einzige Möglichkeit, Wärme im Weltraum wieder abzugeben, ist die Abstrahlung in den Weltraum. Hierbei wird Hitze durch einen Radiator in Wärmestrahlung umgewandelt. Damit dieses Verfahren effizient funktionieren kann, muss das eingesetzte Material die Wärmestrahlung maximal abgeben.
Bisher wird hierfür mit speziellen Lackierungen gearbeitet. Diese funktionieren allerdings ab hohen Temperaturen nicht mehr, wie sie zum Beispiel von Raketendüsen erreicht werden. Außerdem wird die Lebensdauer von Lackierungen durch die speziellen physikalischen und chemischen Veränderungen, die durch die Weltraumbelastung ausgelöst werden, deutlich verkürzt.
Eine Alternative zu Lackierungen stellen Oberflächenbearbeitungen, zum Beispiel mittels Laserbehandlung, dar. Die Forschenden der Abteilung „Faseroptische Sensorsysteme“ des Fraunhofer HHI haben auf diesem Gebiet langjährige Expertise. In dem vorhergehenden Projekt BLAST konnten sie mithilfe von Femtosekundenlaserprozessen verschiedene Metalloberflächen so funktionalisieren, dass diese hocheffizient Wärme ableiten.
Die Forschenden wählten Aluminium, Titan und Edelstahl, weil diese hoch stabilen Metalle bereits für die Raumfahrt eingesetzt werden. Die Metalle werden mit einem Laser bestrahlt, wodurch ein Teil der Oberfläche verdampft. Durch die extrem kurze Zeitskala der Laserpulse von einigen Femtosekunden bleiben die Metalle dabei unbeschadet. In die vorher glatte Oberfläche werden Kegel hinein gelasert, die kleiner als ein Mikrometer sind. Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass die Oberfläche physikalisch optimiert, aber das Material chemisch nicht verändert wird. Das ist besonders für die Raumfahrt attraktiv, da jede Veränderung des Ausgangsmaterials jahrelange Tests benötigt, bevor es im Weltraum eingesetzt werden kann.
Die vom Fraunhofer HHI strukturierten Oberflächen konnten schon Tests von bis zu 650 Grad Celsius bestehen. Weitere Untersuchungen arbeiten mit noch höheren Temperaturen. Erste kommerzielle Anwendungen werden bereits geplant. Dafür arbeitet das Fraunhofer HHI mit der Azimut Space GmbH zusammen. Eine der zukünftigen Anwendungen ist eine Box aus Aluminium für Leistungselektronik von Satelliten. Außerdem könnten Raketendüsen mit dem am Fraunhofer HHI entwickeltem Verfahren bearbeitet werden.