31. Oktober 2024
Professor Dr.-Ing. Clemens Baack ist am 12. Oktober 2024 im Alter von 87 Jahren nach langer Krankheit verstorben. Er war Wissenschaftler und Visionär auf dem Gebiet der Breitbandkommunikation.
Nach dem Studium der Nachrichtentechnik an der TU Berlin wurde Prof. Baack dort auf dem Gebiet der Antennen zum Dr.-Ing. promoviert. Nach einigen Jahren wissenschaftlicher Tätigkeit am Hahn-Meitner-Institut und in Werthoven ist er 1975 zum Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik (HHI) gewechselt und hat die Projektleitung des Vorhabens „Digitale Ferntrasse mit optischen Kanälen“ übernommen. Ziel war es, die Übertragung von 1,12 Gbit/s - einer damals kaum vorstellbar hohen Datenrate - über eine Glasfaser zu erforschen und zu demonstrieren, was auch gelang.
Der berufliche Werdegang von Prof. Baack war über 25 Jahre eng mit dem HHI verbunden. 1982 hat er die wissenschaftliche Leitung des Instituts übernommen und mit seinen Ideen und Visionen über zwei Jahrzehnte das Institut mit Auswirkungen bis heute nachhaltig geprägt und zu vielen wissenschaftlichen Erfolgen geführt. Durch seinen Lehrauftrag auf dem Gebiet der optischen Nachrichtentechnik war er zudem auch eng mit der TU Berlin verbunden.
Ansporn und Leitgedanken für Prof. Baack waren stets, dem schon von Graham Bell angestrebten Ziel
jede Information - für jeden - an jedem Ort - zu jeder Zeit
ein Stück näher zu kommen.
Das HHI hat unter seiner Leitung zahlreiche weltweite Spitzenergebnisse erzielt und wurde so zum nachgefragten Ansprechpartner für Wissenschaft, Industrie, Gremien und nicht zuletzt für die Politik.
Stets ist es ihm gelungen - auch in schwierigen Zeiten - für eine ausreichende Finanzierung des Instituts und insbesondere für visionäre Forschungsvorhaben zu sorgen. Er musste oft Zweifel bei den Gesellschaftern des HHI (Bund und Land Berlin), den Forschungsförderern und der Industrie ausräumen und sich der Frage stellen: "Wer braucht das?"
Viele seiner damaligen Zielsetzungen und Visionen sind heute Realität geworden, hier seien nur einige Beispiele genannt:
- Das HHI hat mit seinen Forschungsergebnissen zur Glasfaserübertragung immer wieder Meilensteine gesetzt und eine Vielzahl von Weltrekorden erzielt. Schlüsselkomponente dabei war und ist der optische Überlagerungsempfänger, ohne den die heutigen Weitverkehrssysteme nicht vorstellbar wären. Bereits Anfang der 1980er Jahre hat das HHI neben NTT in Japan als weltweit erstes Forschungsinstitut dieses Thema aufgegriffen und erfolgreich erforscht.
- Eng verknüpft mit dieser Entwicklung war die vorausschauende Einrichtung der Integrierten Optik am HHI in den 1980er Jahren. Grundgedanke dabei war, dass nur durch die Integration von optischen und optoelektronischen Komponenten auf einem Chip leistungsfähige und kostengünstige Systemkomponenten für zukünftige optische Breitbandnetze realisiert werden können. 1995 implementierte das HHI einen solchen Baustein mit dem weltweit höchsten Integrationsgrad. Dem folgten bis heute viele weitere Spitzenleistungen bei der Entwicklung von Komponenten für den 100 Gbit/s-Bereich; das sorgte dafür, dass weltweit jedes zweite Bit im Internet über einen im HHI gefertigten Baustein lief.
- Ebenfalls bereits in den 80er Jahren hat Prof. Baack eindringlich auf die Notwendigkeit eines Glasfaseranschlusses bis in die Wohnung hingewiesen und ein entsprechendes Forschungsvorhaben zum optischen Teilnehmeranschluss mit 1Gbit/s initiiert. Aber erst knapp 40 Jahre später wird der Fiber-to-the-Home-Ausbau in Deutschland nun ernsthaft angegangen.
- Auf dem Gebiet der Videocodierung wurden in seiner Amtszeit wegweisende Forschungsarbeiten geleistet. Am HHI entwickelte Verfahren flossen in den in 2003 verabschiedeten Standard H.264/AVC ein, der noch heute das weltweit meist verwendete Videocodierverfahren ist. Somit durchläuft auch jedes zweite Bit im Internet einen vom HHI entwickelten Codieralgorithmus. Seitdem hat das HHI zahlreiche Leitungsfunktionen in internationalen Standardisierungsgremien eingenommen und wurde zwischen 2008 bis 2017 mit vier Emmy Awards ausgezeichnet.
- Prof. Baack hat auch 1996 die breitbandige Mobilkommunikation am HHI etabliert. Diese hat sich über die Jahre sehr erfolgreich entwickelt, was dazu geführt hat, dass das HHI heute eins der vier deutschen Forschungszentren für den kommenden 6G-Standard ist.
Ein besonderes Anliegen von Prof. Baack war es, die Ideen und wissenschaftlichen Ergebnisse durch Ausgründungen und Kooperationen mit der Industrie in die Praxis zu überführen. So hat er schon lange eine Art Fraunhofer-Modell betrieben, bevor das HHI 2003 der Fraunhofer-Gesellschaft beitrat. Ebenso waren Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften, Konferenzbeiträge, Patente, Teilnahme an Ausstellungen und Firmenkontakte äußerst wichtige Kenngrößen für ihn.
Für die Arbeiten des HHI in der Ära von Prof. Baack gab es vielfältige Auszeichnungen, Preise und Würdigungen. Stellvertretend hierfür seien die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse für den Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Telekommunikationsindustrie und die Verleihung des VDE-Ehrenrings an Prof. Baack sowie die positiven Bewertungen des HHI durch den Wissenschaftsrat und den ZVEI genannt.
Bis zu seinem Tode hat Prof. Baack die weltweiten Entwicklungen in der breitbandigen Kommunikationstechnik sehr interessiert weiterverfolgt und wurde dabei oft in seinen früheren Einschätzungen und Vorstellungen bestätigt.